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Kompetenzzentrum Vielfalt
Gute Beispiele

In Eschwege stehen die Zeichen auf Integration

Die Werkstatt für junge Menschen Eschwege e.V. hat nichts mit Reparaturen und schmutzigen Händen zu tun. Vielmehr ist die seit 1983 bestehende Einrichtung ein gemeinnütziger Verein und Mitglied im Diakonischen Werk Hessen. Der Verein bietet Beratung und Hilfen für junge Menschen und Erwachsene an, die arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind – seit Langem auch für jungen Migrantinnen und Migranten. Seit 2011 hat die Werkstatt etwa 40 Integrationslotsinnen und -lotsen ausgebildet, von denen etwa die Hälfte aktiv ist. War der Fokus zunächst auf osteuropäische Zuwanderer und Spätaussiedler ausgerichtet, hat sich die Zielgruppe inzwischen um Geflüchtete mit Bleibeperspektive erweitert.

Die Initiative, ein Lotsenprojekt in der Stadt zu starten, ging vom Ausländerbeirat von Eschwege aus, dessen Vorsitzender Ramiz Arifi viele Jahre war. In seiner Funktion als Sozialarbeiter bei der Werkstatt für junge Menschen konnte er das Projekt selbst betreuen, doch sein Stundenkontingent für die hauptamtliche Koordinierung ist äußerst begrenzt und abhängig von externer Förderung. „Wir haben zwar 2015 den Sozialpreis der Stadt gewonnen, doch noch immer müssen wir von Jahr zu Jahr schauen, welche Stiftung oder welches Programm uns helfen kann, das Projekt organisatorisch zu stemmen“, sagt Ramiz Arifi.

Heimat ist da, wo man sich wohlfühlt

Er hat einen sehr persönlichen Grund, sich stark für das Lotsenprojekt einzusetzen, schließlich kam er selbst 1993 als Kriegsflüchtling aus dem Kosovo nach Deutschland. Von Schwalbach aus wurde er dem Werra-Meissner-Kreis zugewiesen. „Doch mir zeigte niemand den Weg, ich war auf mich allein gestellt und habe mir meine Sprachkenntnisse selbst beibringen müssen,“ erzählt Ramiz Arifi. Seit 2001 hat Arifi Bleiberecht und dann mehrere Jahre als Flüchtlingsbetreuer bei der Volkshochschule Flüchtlinge vor allem aus Ex-Jugoslawien und Osteuropa betreut. Sein im Kosovo begonnenes Studium als Grundschullehrer konnte er in Deutschland nicht fortführen. Sozialarbeiter wurde Arifi aufgrund seiner Erfahrungen und verschiedenen Fortbildungsmaßnahmen. Seit 2003 arbeitet er bei der Werkstatt für junge Menschen Eschwege e. V. Beinahe hätte er mit seiner Familie den Werra-Meissner-Kreis verlassen, doch das Beschäftigungsangebot der Werkstatt führte dazu, dass Arifi blieb. Schließlich war in der Zwischenzeit ein gut funktionierendes Netzwerk entstanden mit vielen persönlichen Kontakten. „Denn Heimat ist da, wo man sich wohlfühlt“, sagt Ramiz Arifi.

Lotsinnen und Lotsen bilden ein starkes Team

Die 20 aktiven Lotsinnen und Lotsen, in der Mehrheit Frauen, sprechen zusammen etwa 30 Sprachen, darunter auch verschiedene Dialekte. Für Anke Engel, Vorstandmitglied der Werkstatt, war es wichtig, auch Menschen mit Migrationshintergrund für das ehrenamtliche Engagement zu gewinnen. „Und das ist uns bei dem Lotsenprojekt zu 100 Prozent gelungen!“ Aus dem Projekt Quo vadis des Bundes konnten auch drei Jugendliche für das Lotsenprojekt gewonnen werden, ihre Qualifikation ist vom Land anerkannt. „So sind unsere Lotsinnen und Lotsen momentan zwischen 17 und 78 Jahre alt.“ Gerade die jüngeren können Familien und anderen Jugendlichen Tipps zu Freizeitangeboten und Sportvereinen geben. Gemeinsam erreichten die Lotsinnen und Lotsen, dass für die angehenden Sportlerinnen und Sportler Schuhe und Sportkleidung organisiert werden konnten. „Besonders wichtig aber ist, junge Frauen und junge Männer bei der Suche nach Praktikumsplätzen zu unterstützen, alleine schaffen sie es meistens nicht,“ weiß Anke Engel zu berichten.

Behörden, Schulen und Ämter wenden sich zunächst an Ramiz Arifi, um Lotsentätigkeiten anzufragen. Inzwischen gibt es aber auch viele direkte Kontakte. Die meisten Ehrenamtlichen sind mehr als sechs Stunden pro Woche tätig, da es ihnen um den Kontakt zu den Menschen geht und um ihnen weiterzuhelfen. „Tatiana ist zum Beispiel unsere einzige Lotsin in Witzenhausen. Sie schöpft ihr Potenzial seit Jahren regelmäßig aus“, weiß Ramiz Arifi. Auf den beiden Austauschtreffen jährlich sind die Grenzen der Lotsentätigkeit immer wieder ein Thema, wie auch der Unterschied zur Patenschaft.